Mittwoch, 31. März 2010

Bilder der Woche
Ich hab’ mich länger nicht mehr gemeldet. Es gab einfach nicht viel zu berichten. Seid ich wieder alleine in Ndola bin, ist nicht viel passiert.

Die Arbeit läuft weiter wie bisher. Mit ständigen Auf und Abs. Weitere Fortschritte bleiben leider aus. Ich habe meine Ziele mittlerweile aufs niedrigste runtergeschraubt, weil ich inzwischen eingesehen habe, dass ich hier nicht tun kann. Nichts, außer für die Kids da zu sein. In den nächsten Monaten bis zu meinen Abflug werde ich einfach nur für die Kids da sein und ihnen all meine Aufmerksamkeit schenken. Das ist das was sie hier am meisten brauchen und am wenigsten bekommen.

In der letzten Woche ist auf der Arbeit doch einiges passiert.
Ein kleiner Junge ist auf der Wiese in den großen, brennenden „Mülleimer“ gefallen. Diese Mülleimer sind ganz typisch hier. Man findet sie in fast jedem Garten. Die Leute werfen all ihre Abfälle in große, tiefe Löcher im Boden und zünden es an. Das brennende Erdloch hier in der Einrichtung ist schätzungsweise 4x4 Meter groß und ebenso tief. Keiner hat den Jungen schreien gehört. Ein geistig behindertes Mädchen wurde nicht erst genommen, als sie immer wieder „Baby is burning! Baby is burning!“ rief. Erst als ein Worker (so was wie der Gärtner) zufällig an dem brennenden Loch hinterm Haus vorbei lief hat er das schreiende Kind bemerkt. Er ist reingesprungen, hat den Jungen rausgeworfen und ist dann selbst mit der Leiter wieder raus gekommen. Der Jungen liegt immer noch im Krakenhaus. Ihm geht es einigermaßen gut. Er hat große Verbrennungen am ganzen Körper. Die schlimmsten Verbrennungen hat er an den Füßen. Er hatte Plastikschuhe an!
Die Sister will jetzt einen Zaun um diesen Mülleimer aufstellen. Leider ist in der letzten Woche noch nichts dergleichen passiert, was ich wirklich nicht verstehe, denn es ist nicht das erste mal, dass ein Kind ins Feuer gefallen ist.

In den letzten beiden Wochen ist mir ziemlich deutlich geworden, dass die Frauen hier keine Hemmungen mehr haben, die Kinder vor meinen Augen zu schlagen. Anfangs war es ein Klaps, den ich beobachten musste. Inzwischen haben die Frauen überhaupt keine Scheu mehr, den Kindern mehr als nur einen Klaps zu verpassen. Von meinem Fenster aus, habe ich in der Pause beobachtet, wie zwei Frauen ein Kind regelrecht verdroschen haben. Sie haben mehrmals auf den kleinen Jungen eingeschlagen und als er weinend- schreiend am Boden lag, haben sie sich daneben gestellt und ihn ausgelacht. Ich kann nichts tun.

Nach Felix’ Tod habe ich mir fest vorgenommen, jedes kleine Anzeichen wahrzunehmen und zu reagieren, wenn es den Kindern schlecht geht.
Stanford, ein kleiner Junge hatte hohes Fieber. Keiner hat reagiert. Erst nachdem ich meinen Fieberthermometer holte und seine Körpertemperatur 39.5 anzeigte, haben sie ihm etwas gegen Malaria gegeben. Ich wäre lieber ins Krankenhaus gefahren, doch für den Vorschlag bekam ich nur ein spöttisches Grinsen.
Blessings, eins der drei neuen Mädchen, die total unterernährt vor einigen Wochen zu uns kamen, hat seid 2 Tagen nichts mehr gegessen. Ich bekam es nur zufällig mit, als ich nach einigen Tagen beim Füttern mal wieder dabei war. Ihr Bauch ist dick angeschwollen, ebenso die Füße. „Sie ist krank“ sagte eine der Frauen zu mir. Ich sagte, dass das Mädchen ins Krankenhaus muss. Die Frauen lachten untereinander. Sonst keine weitere Reaktion. Ich musste also mit dem kleinen Kind erst zur Chefin persönlich gehen, damit etwas unternommen wurde. Blessings ist jetzt im Krankenhaus.

Mein kleines Mädchen Roda, die bis vor ein paar Wochen noch so unterernährt, zerbrechlich und passiv war ist inzwischen wieder richtig fit. Sie kann wieder essen und viel schöner, sie kann wieder lachen. Wenn ich morgens den Raum betrete und die vielen kleinen Würmer in Reih und Glied auf ihren Töpfchen sitzen, fällt Roda neuerdings vor lachen fast von ihrem Topf. Keine Ahnung was sie so lustig daran findet, mich zu sehen, aber ich freue mich, sie endlich wieder lachen zu sehen. Das sind die Dinge, die mir die Kraft und Motivation geben weiter zu machen.

Letzte Woche Freitag kamen fünf Engländer zu Besuch ins Waisenhaus. Ich hab’ die Gelegenheit genutzt und den Fallschirm ausgepackt, den meine Eltern gesponsert haben. Alleine mit all den Kindern zu spielen habe ich mir bisher nicht zugetraut und so hatte ich die Unterstützung der Engländer. Die Kinder waren von dem riesigen, großen, bunten Fallschirm so fasziniert, dass außer dem Schwingen des Tuchs überhaupt keine Spiele möglich waren. Ca. eine Stunde konnten die Kinder sich unter dem Fallschirm austoben. So viel Wirbel gab’s hier schon lange nicht mehr. Eine Stunde Geschrei und Gejubel und zwischendurch immer wieder irgend ein Sing Sang der Kinder. Den Kids hat gefallen. Solange bis wir kein Nerv mehr hatten.

Heute feiert Linda ihren Abschied im Cheshire Home, denn morgen ist dort ihr letzter Arbeitstag. Nach dem Urlaub wird sie zwei Projekten der Diozöse begleiten. Diese sind Projekte, die sich um Menschen mit Behinderungen und HIV/ Aids erkrankte Menschen in den Dörfern kümmern. Ich hoffe sehr für Linda, dass sie dort mehr Arbeit findet, als in den letzten 6 Monaten im Cheshire Home.
Für die Abschiedsfeier heute kocht Linda für die komplette Einrichtung Spaghetti Bolognese. Danach möchte sie eine kleine Rede in Bemba halten. Diese haben wir gestern im Bembasprachkurs noch geübt.
Seid zwei Wochen treffen wir uns zwei Mal in der Woche in Lindas Einrichtung um Bemba zu lernen. Ich bin mal gespannt, wie viel dabei rum kommt!

Übermorgen trete ich zum ersten Mal alleine eine Reise an. Ich bin so froh, mal wieder hier raus zu kommen. Der letzte Urlaub ist ja auch erst 4 Wochen her 
Da Linda und ihr Freund sich schon mal auf nach Livingstone machen, fahre ich über Ostern nach Mpika zu unseren Freunden. Carsten, Susi und ich werden mit dem Auto zu Franzi nach Chalabesa in den Busch fahren. Das ist ca. eine Stunde von Mpika entfernt. Ich freu’ mich, die dreie wieder zu sehen. Wird sicher aufregend. 3 Tage Busch, ohne fließend Wasser und ohne Strom, als Dauerzustand.

Dann, Mitte April kommt Ute. Zusammen werden wir erst nach Malawi reisen, wo wir mit Linda und ihrem Freund Sascha verabredet sind. Nach einer Woche Malawi planen wir noch ein paar Tage in Livingstone, bevor es dann voraussichtlich wieder zurück nach Ndoal geht. Die Victoriafälle sollen jetzt im April am schönsten sein. In der Regenzeit haben sie am meisten Wasser. Leider kann es aber auch sein, dass wir sie aufgrund der zu hoch steigenden Gicht gar nicht sehen können. Wird so oder so ein Erlebnis.

Ansonsten beschäftigt mich gerade meine berufliche Zukunftsplanung. Ich habe mich wieder in Rüdesheim im Vincenzstift beworben. Die Bewerbung läuft noch. Also Daumen drücken.

Unser Rückflug musste aus organisatorischen Gründen um ein paar Tage vorverlegt werden. Lind und ich kommen jetzt am 28. August um 6:10Uhr wieder in Deutschland an. (Wahnsinn, das sind nur noch 22 Wochen!!!)
Ich nutze die Gelegenheit hier, um euch alle jetzt schon mal zu unserer Willkommensparty am 4. September einzuladen. Der Termin steht, also guckt, was ihr auf der Arbeit tauschen könnt ;-)

Wie geht’s euch denn? Wie ist das Wetter in Deutschland? Wer ist schwanger, verheiratet, verlobt? Was gibt’s neues zu Hause? Ich freue mich über Nahrichten von euch!!!

Liebste Grüsse von eurer Franzi

Dienstag, 16. März 2010

Hier ein paar Bilder von Tansania

Tansania
Zeit zu zweit

Eine Woche voller Gegensätze

Nach zwei gemeinsamen Wochen mit meiner Cousine Stefanie bin ich ab heute wieder alleine in Ndola.
Nach unserem gemeinsamen, wunderschönen und erholsamen Wochenendtrip konnte ich Stefanie in der vergangen Woche ein wenig von meinem Leben in Sambia zeigen. Morgens begleitete sie mich auf die Arbeit ins Waisenhaus, was mir die Arbeitsatmosphäre natürlich um einiges versüßt hatte. Eine kleine Spende meiner Tante machte es möglich, dass wir in Ndola zusammen auf Shoppingtour gingen, um ein paar Kleinigkeiten für die Kinder zu kaufen. Wir wurden fündig und mit voll bepackten Tüten kehrten wir zurück zu den Kindern. Neben einigen kleinen Spielsachen, wie Bälle, Autos, Duplo, Rasseln und einer Puppe kauften wir Trinkbecher, Beißringe für die Babys und etwas Bastelmaterial, um das Zimmer der Säuglinge etwas kindgerechter zu gestalten. Zum ersten Mal bekam ich für das was ich auf der Arbeit tue eine Art Anerkennung. Die Frauen haben sich über die Zimmergestaltung sehr gefreut und waren ehrlich begeistert. Ganz anders sah das natürlich mit den Trinkbechern aus. Ich finde es super praktisch und werde mich diesbezüglich weiterhin durchsetzten. Die Kinder waren natürlich hell auf begeistert. Sie kommen im Spiel total aus sich raus und sitzen nicht mehr nur passiv da. Das Geschrei und Geheule ist weniger geworden, weil sie sich jetzt einfach sinnvoll beschäftigen können. So, wie es Kinder eben tun sollten. Danke Gertrud, damit hast du den Kindern so viel Gutes getan!

Neben dem arbeiten im Waisenhaus, nahmen wir uns den ein oder anderen Tag frei, sodass ich Stefanie auch etwas außerhalb Ndola zeigen konnte. So sind wir letzte Woche Donnerstag mit Linda und ihrem Freund Sascha (der auch gerade zu Besuch hier ist) mit dem Bus nach Kitwe gefahren. Dort besuchten wir den großen Kitwemarkt, meine Gastfamilie, sowie meine alte Arbeitsstelle St. Martins.

Im Waisenhaus in Kitwe musste ich erfahren, dass mein kleiner Sohn Felix einige Tage zuvor verstorben ist. Nachdem er wochenlang Durchfall hatte, wurde er zu spät ins Krankenhaus gebracht. Dort kam jede Hilfe zu spät. Mein kleines Baby musste mit nur 17 Monaten sterben, weil diese Frauen nicht aufmerksam genug waren, um zu erkennen wie Ernst es um ihn war. Wie oft habe ich solche Situationen dort miterlebt. Doch ich war da und konnte mich nach langen Diskussionen immer durchsetzten, um das Schlimmste zu verhindern. Letzte Woche war ich nicht da. Vielleicht hätte ich es verhindern können. Vielleicht würde Felix jetzt noch leben, wenn ich in Kitwe geblieben wäre. Ganz bestimmt sogar. Es macht mich verdammt wütend, doch noch mehr macht es mich traurig. Felix war mein Baby! Zu Beginn meiner Zeit in Kitwe hatte er wie alle andern Kinder solche Berührungsängste gehabt. Das hatte sich bei ihm ganz schnell geändert. Er wurde zu meinem Muzungubaby, wie die Frauen ihn nannten. Er war mein Sohn und immer bei mir. Wenn ich etwas anderes zu tun hatte, dann lag er im Chitenge auf meinem Rücken. Ich hab ihm das Laufen beigebracht. Und ich hab ihm das Lachen beigebracht. Felix war für mich nicht irgendein Kind, er war mein Kind. In seinem kurzen Leben war ich wahrscheinlich die einzige, von der er Liebe und Zuwendung erfahren durfte. Sein Tod hat mich ziemlich mitgenommen. Etwas Schlimmeres hätte hier wohl nicht passieren können. So etwas wollte ich in meiner Zeit in Afrika niemals erleben. Und dann ausgerechnet mein kleiner Junge…

Diese ganzen kleinen Schicksalsschläge sind tragisch und oft nicht nachvollziehbar. Man fühlt sich hilflos und machtlos. Letzte Woche bekamen wir drei neue Kleinkinder. Alle HIV positiv! In Kitwe wurde letzte Woche ein Neugeborenes in einem Zementsack am Straßenrand gefunden. Jemand hatte es kurz nach der Geburt einfach dort ausgesetzt. Es hat überlebt. Sister Livia hat es im Waisenhaus aufgenommen.

Es war eine Woche voller Gegensätze. Die Zeit mit meiner Cousine war wunderbar. Ich habe es genossen ihr meine kleine Welt hier in Sambia zu zeigen. Trotz großer Trauer haben wir viel unternommen, viel gesehen und viel gelacht, weil sie mich ablenken konnte.

Bis bald
Liebste Grüße von eurer Franzi

Dienstag, 9. März 2010

Wochenendtrip mit Stefanie

Von einem Urlaubsbericht zum nächsten…

Diesmal war es jedoch „nur“ ein kleiner Wochenendtrip mit meiner lieben Cousine Stefanie. Letzte Woche Dienstag landete sie planmäßig am Flughafen in Ndola. Wie vermutet, wurde ihr Gepäck in Johannesburg erst einmal „zwischengelagert“ und so kam sie leider ohne Gepäck an. Doch wir mussten zum Glück nicht lange warten und so konnten wir am Dienstag den Koffer am Flughafen abholen. Für mich war es wie Weihnachten und Geburtstag zusammen, die tollen Mitbringsel aus Deutschland auszupacken.

Unsere erste gemeinsame Woche gestaltete sich sehr ruhig und stressfrei. Morgens sind wir zusammen ins Waisenhaus zu den Kindern gegangen. Hier konnte sich Stefanie in ihrer ersten Woche ihr eigenes Bild von meinem Arbeitsfeld machen. Die Nachmittage nahmen wir uns frei, sodass ich Stefanie ein wenig von Masala und der Umgebung in Ndola zeigen konnte.

Über das Wochenende hatten wir einen kleinen Ausflug in den Süden Sambias geplant. Zumindest soweit, wie das hier mit dem Planen möglich ist.

Am Freitagmorgen um 4:30Uhr ging es dann mit dem Bus auf nach Lusaka. Nach einer nur 4-stündigen Fahrt erreichten wir die Hauptstadt. Erst einmal nur als Zwischenstopp. Relativ schnell bekamen wir einen Anschlussbus nach Chirundu. Nach weiteren 2 Stunden Fahrt im Minibus erreichten wir dieses kleine Dörfchen, welches am längsten Fluss Sambias liegt. Dem Sambesi. Außerdem markiert Chirundu den Hauptgrenzübergang nach Zimbabwe. Außer unzähligen wartenden Lkws und ein paar wenigen Hütten findet man dort nichts. So haben wir uns in ein Taxi gesetzt und sind weitere 12 km Busch einwärts auf eine Lodge zugesteuert. Hier wollten wir eine Nacht verbringen, um von dort aus am nächsten Morgen eine kleine Bootsafari auf dem Sambesi River zu unternehmen. Nach dem Frühstück ging es los. Neben vielen verschiedenen bunten Vögeln konnten wir leider „nur“ einige Elefanten am Ufer und unzählige Nilpferde sehen. In der Regenzeit, wenn sich auf dem Land große Wasserpfützen bzw. kleine Seen bilden, kommen nur wenige Tiere ans Flussufer. Sie trinken und waschen sich an diesen Wasserstellen auf dem Land und daher bekamen wir leider keine Zebras, Antilopen oder ähnliches zu Gesicht. Für uns war der Ausflug trotzdem ein tolles Erlebnis. Wahnsinn wie nah man diesen Tieren kommen kann, ohne dass sie sich dadurch gestört fühlen und weglaufen.

Nachdem wir von der Safari zurück waren, machten wir uns direkt, aber ohne Stress auf den Weg zurück nach Lusaka. Die nächsten zwei Nächte verbrachten wir in dem Backpackerhostel, in dem ich schon im Dezember letzten Jahres mit Linda unterkam. Zum einen hat dieses Hostel, so finde ich, eine ganz besondere Atmosphäre und zum anderen liegt es sehr zentral in der Stadt. So haben Stefanie und ich den Samstagabend, den Sonntag und den Montagmorgen noch in Lusaka verbringen können. Wir nutzen die Zeit, um einfach etwas von der Stadt zu sehen. Zum Beispiel besuchten wir „Cultural Village“, welches ich bisher auch noch nicht besucht hatte. Hier arbeiten zahlreiche Holzschnitzer, die ihre Werke dort verkaufen. Versunken in einen Shoppingrausch konnte ich hier mit Stefanie zusammen meine ersten Mitbringsel kaufen.

Fazit: Das Wochenende verlief wie am Schnürchen. Kaum zu glauben, dass es wirklich zu keinen größeren Pannen kam. Mal ganz abgesehen davon, dass wir uns beide böse, böse verbrannt haben. Und das in der Regenzeit und nachdem ich in der Hitze Zanzibars so gut wie nie einen Sonnenbrand hatte. Wenn’s das nur ist... Wir können sagen: Schön war’s!!! Und das ist doch die Hauptsache. Wir habend das erste gemeinsame Wochenende voll ausgenutzt und jetzt freue ich mich auf die zweite, aber auch leider schon letzte Woche mit Stefanie in Sambia.

Bis bald.
Eure Franzi