Samstag, 21. August 2010

Muli shani bwonse?
Wie geht es euch allen?

So langsam wird es richtig erst. Unsere Nachfolger sind da, die Koffer sind gepackt, denn ich musste gestern für die letzte Woche noch einmal zu Linda ziehen. Im Heim kommen irgendwelche Sponsoren aus den USA. Da musste ich natürlich Platz machen. Somit hatte ich am Donnerstag meinen letzten Tag im Heim.

Der Abschied von meinen Babys fiel mir schwer. Ich hatte nicht erwartet, dass es mich doch so emotional mitnimmt. Schon in den letzten Tagen stimmte mich der Gedanke daran, von meinen kleinen Schützlingen Abschied nehmen zu müssen, sehr traurig. Ich muss gestehen, einige Tränchen wurden vergossen. Es macht mich einfach unglaublich traurig zu wissen, dass der gewohnte Trott einkehren wird, sobald ich wieder in Deutschland bin. Ich werde nichts mehr tun können. Ich werde zu Hause sitzen und wissen, dass es den Kleinen schlecht geht, weil sie niemanden mehr haben werden, der sich um sie kümmert. Es wird niemand mehr da sein, der sie tröstet, wenn sie weinen, niemand, der sie aus den Bettchen holt, sie in die Schaukel setzt, mit ihnen spielt und lacht. Niemand, der ihnen auch mal außerhalb der Essenszeiten Wasser gibt, oder der sieht dass sie krank sind. Es ist ein scheiß Gefühl, welches ich echt unterschätzt habe.

Als ich vor 8 Monaten ins St. Anthonys kam, lagen viele der Kinder- sehr viele- einfach nur passiv in ihren Bettchen. Zeigten keine Regung, wenn ich sie angesprochen habe, starrten nur in eine Richtung, ohne den Blick abzuwenden. Einige konnten nicht mal weinen. Sie haben einfach keinerlei Gefühlsregung von sich gegeben. Nach meiner Einschätzung zeig(t)en sogar einige erste Anzeichen von Hospitalismus. Erst in den letzten Wochen ist mir bewusst geworden, dass ich in den letzten Monaten doch etwas geleistet habe. Viele Kinder haben sich prächtig entwickelt. Sie lachen und weinen, spielen (manchmal sogar zusammen), blubbern irgendetwas vor sich her, haben keine Berührungsängste und verhalten sich einfach wie ganz normale Kinder. Leider habe ich die Befürchtung, dass sie wieder in ihre alten Verhaltensmuster zurückfallen, wenn ich nicht mehr da bin.
Ich freue mich deshalb total, dass Dana (eine neue Freiwillige von Misserior) sich bereit erklärt hat, 3 Mal in der Woche ins Heim zu kommen, um sich um die Kinder zu kümmern. Eigentlich ist sie von ihrer Organisation in einem ganz anderen Feld eingesetzt worden. Da sie aber an den Nachmittagen Zeit hat und die Zustände im St. Anthonys bereits gesehen hat, hat sie sich dazu entschieden. Über sie werde ich also auf dem Laufenden bleiben, was mir meinen Abschied wiederum etwas einfacher gemacht hat.
Auf eine große Abschiedsszene habe ich verzichtet. An meinem letzten Tag habe ich einfach noch mal Zeit mit meinen Liebsten verbracht und eine Runde Bananen, Schokolade und Wasser geschmissen. Die Kids haben sich gefreut und das hat mich gefreut.

Von dem restlichen Geld, was mir meine liebe Tante mal gespendet hat, habe ich dann zum Abschied noch einiges an Babyzubehör gekauft. Für ca. 100Euro konnte ich Windeln, Puder, Bodys, Rasseln und einige andere Klamotten für die Kids kaufen. Ich dachte, dass es einfach nützliche Dinge für sie sind, die sie gut gebrauchen können. Meine eigenen Klamotten und Schuhe, die nach einem Jahr Handwäsche durchlöchert und ausgewaschen sind habe ich auch da gelassen. Sie haben sich natürlich gefreut.
Meinem Schneider, der mir zum Abschied noch einen wunderschönen Rock genäht hat, habe ich mein altes Handy geschenkt. Der war völlig aus dem Häuschen.

Tja, die Tage sind gezählt. Wahnsinn, im Moment ist es doch noch sehr unrealistisch, dass ich nächste Woche um diese Zeit bereits zu Hause bin. Trotzdem bin ich schon etwas nervös und aufgeregt. Mein Jahr in Sambia neigt sich nun dem Ende und schon ganz bald wird es nur noch eine wunderschöne Erinnerung sein.

Wenn man mich fragen würde, was mir am meisten fehlen wird, dann würde ich natürlich „den afrikanischen Sonnenuntergang“ antworten. Aber auch die Gerüche und das Treiben auf dem Markt, die Gelassenheit und Freundlichkeit der Menschen und die Tatsache, dass die Uhren hier in Sambia einfach anders ticken, das leckerer Obst und Gemüse, das viele Grün, die Sonne. Wie ich euch bereits versucht habe zu erklären, wird es einfach ein ganz besonderes Lebensgefühl sein, welches mir wohl am meisten fehlen wird. Ich befürchte ich werde viel zu viel vermissen.
Würde man mich fragen, auf was ich mich zu Hause am meisten freue, dann fallen mir auch einige Dinge ein. Zum Beispiel freue ich mich wahnsinnig auf eine Waschmaschine. Tür auf, Wäsche rein, Tür zu, Fertig! Ich freue mich auf Roggen- und Körnerbrötchen, echten Käse, echten Kaffe, echte Butter, echten Rotwein, Wasser mit Kohlensäure, oder eine kalte Apfelschorle. Ich werde es genießen einfach Duschen gehen zu können wann immer ich will und nicht mehr auf Wasser warten zu müssen, oder mir Wasser in Eimern ins Bad schleppen zu müssen. Am meisten freue ich mich jedoch auf meine Freiheit. Auto fahren, ausgehen, oder abends ohne große Gefahr nach Hause laufen zu können. Außerdem werde ich meine Anonymität wieder finden. Ich kann ganz gelassen und entspannt durch Limburg laufen, wie jeder andere auch. Werde nicht angestarrt, mir wird nicht Muzungu hinterher gerufen, keiner bettelt mich an, oder will mich sofort heiraten nur weil ich weiß bin. Ich werde einfach wieder Eine von ganz vielen sein. Darauf freue ich mich!!!

Vielleicht melde ich mich noch einmal vor meiner Abreise. In den nächsten Tagen ist noch einmal volles Programm angesagt. Linda und ich fahren nach Kitwe zu meiner alten Gastfamilie, um ein letztes Mal Lasagne für sie zu kochen und Tschüss zu sagen. Auch das wird sehr traurig werden. In den letzten Monaten, in denen ich nicht mehr bei ihnen gewohnt habe, hatten wir trotzdem immer regelmäßigen Kontakt. Mrs. Shula war es immer wichtig zu wissen wie es uns geht. Letzte Woche hat sie mich sogar hier in meinem zu Hause in Ndoal besucht.
Außerdem steht noch eine Abschiedsparty für Linda und mich an, zu der 30 Leute eingeladen sind. Ich wusste gar nicht, dass ich so viele Menschen hier kenne.
Gestern hatten wir unser letztes Meeting mit unseren Mentoren, bei dem wir unseren Abschlussreport vorstellen mussten.

Ich freue mich unglaublich euch alle nach diesem Jahr wieder zu sehen!!! Ich hoffe ihr habt nicht vergessen euch den 4.9. ganz dick im Kalender anzustreichen.

Ich denke an euch, eure Franzi

1 Kommentar:

  1. Liebe Franzi,
    was mache ich jetzt mit der übrigen Zeit? -In der ich Deine Berichte nicht mehr lesen kann! - Ich freue mich auf Deine Rückkehr!
    Liebsten Gruß
    Die Tante

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