Sonntag, 29. November 2009

Arbeit und andere Schwierigkeiten

So, heute möchte ich Euch von meiner „Arbeit“ erzählen. Habe ich überhaupt schon mal von der Arbeit erzählt? Letzte Woche hätte wirklich nicht viel gefehlt und ich hätte „einen Rundumschlag“ gemacht (wie meine Mutter sagen würde ).

Ich kam um 7:30Uhr auf die Arbeit. Wie immer habe ich erstmal Ausschau nach meinen kleinen Felix gehalten. Felix ist „mein Sohn“, oder das Muzungubaby, wie die Arbeiterinnen sagen. Ja ja ich weiß, als gute Erzieherin soll man keine Lieblingskinder haben, aber ich arbeite dort ja nicht als Erzieherin, sondern als Freiwillige (so entschuldige ich das mal!!!). Felixi, wie die Arbeiterinnen ihn nennen (was ich ganz furchtbar finde), ist 1 Jahr und 2 Monate und das süßeste Baby im ganzen Waisenhaus und mittlerweile bin ich wohl tatsächlich so etwas wie eine Mami für ihn geworden. Wenn er mich morgens aus seinem Gitter sieht, fängt er an zu quengeln. Das geht so lange, bis ich ihn auf den Arm nehme und durch die Gegend trage. Bloß nicht hinsetzten! Zurück in sein Gitterbettchen kann ich ihn auch erst wieder legen, wenn er nach dem Frühstück vollgefuttert, auf der Schaukel, in meinem Arm eingeschlafen ist. Vorher würde das alles in einem riesen Geschrei enden und das bringe ich nicht übers Herz. Wenn er mir auf dem Boden entgegen kommt, krabbelt er mein Bein hoch und zieht sich an meinem Rock hoch. Noch vor 2 Monaten, als ich im St. Martins angefangen habe, war Felix auch eines von den Babys, das den ganzen Tag im Gitterchen lag, stur an die Decke gestarrt und nicht reagiert hat, wenn ich ihn angesprochen habe. Nachdem ich das „Babyprogramm“ gestartet habe, blubbert er jetzt den ganzen Tag irgendwas vor sich her. Außerdem lacht er mit mir, aber das Schönste ist wohl, dass er seid einigen Wochen mit mir an der Hand, angefangen hat zu laufen. Letzte Woche ist er sogar einige Stritte alleine gegangen. Diese Woche allerdings, lässt er sich immer wieder auf seinen gepolsterten Hintern fallen, wenn ich seine Hand los lasse. Naja, jedenfalls macht er seinem Namen seid einigen Wochen alle Ehre. Felix, der glückliche! Soviel zu meinem kleinen Felix.

Zurück zu dem, was ich euch eigentlich erzählen wollte. Letzte Woche sah mein Bub nämlich gar nicht so glücklich aus. Als ich morgens auf die Arbeit kam, kam mir schon eine Arbeiterin entgegen und sagte „Franziska, dein Sohn hat Durchfall!“ „Kommt vor“ dachte ich. Als ich dann ins Zimmer kam, hat er nicht gequengelt, lag ganz schlapp im Bettchen und war glühend heiß. So, wie jeden Morgen, bin ich erstmal mit ihm in die Küche, um ihn abgekochtes und gefiltertes Wasser zu geben. An diesem Morgen erst recht, denn wie Jedermann weis, ist es wichtig viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen, besonders wenn man Durchfall hat. Gerade bei Kindern. Zurück im Babyzimmer erwähnte ich, dass es vielleicht besser sei, wenn Einer mit ihm ins Krankenhaus fährt, denn er sah wirklich nicht gut aus. Aber nein, die Frauen hielten es für unnötig. Als ich ihn dann fütterte hat er mir erstmal prompt auf meine Schürzte gebrochen. Ich durfte mir dann von einer Arbeiterin anhören, dass das meine Schuld sei, da ich ihm vor dem Porridge, Wasser gegeben hätte. Ich fand diese Begründung so absurd, dass ich gar nicht erst versuchte mich zu rechtfertigen. Zum Beispiel damit, dass ich das bereits seit Wochen so mache, oder, dass es gerade jetzt wichtig ist, dass er viel Flüssigkeit zu sich nimmt. Sie hat ihn mir dann abgenommen und weiter gefüttert. Ihr hat er dann auch erstmal auf den Schoß gekotzt. Wieder sagte ich, dass ich es für besser hielte, wenn man ihm im Krankenhaus mal durch checken würde. Dann sagte eine andere, dass es an dem Malariamedikament liegt, welches er eingenommen hatte. Ich war echt sprachlos, denn es war bereits 2 Wochen her, als er Malaria hatte. Warum waren die nicht besorgt? habe ich mich gefragt? Als er sich dann ein drittes Mal übergeben hat, und ich darauf bestand ins Krankenhaus zu fahren, waren es plötzlich die Zähne, die gerade kommen und er deshalb bricht, Fieber und Durchfall hat. Ich war echt außer mir, als ich das hörte. Seid wann kotzen Kinder, wenn sie ihre Zähne bekommen? Ich konnte echt nicht glauben, was sich da abspielte. Es war offensichtlich, dass mit ihm was nicht stimmte. Konnten diese Frauen wirklich so dumm sein? Ich sagte ihnen ganz offen, dass ich das für unmöglich halte. Und warum. Ganz wohl fühlte ich mich dabei nicht, denn eigentlich waren es diese Frauen, die Erfahrung mit Babys hatten und nicht ich. Aber konnten sie echt so ungebildet sein. Nach langer und zweckloser Diskussion, habe ich mit Felix auf dem Arm das Zimmer verlassen. Ich war so wütend und besorgt um meinen Bub. Nach einer Stunde kam dann eine Schwester, die meinte sie würden jetzt ins Krankenhaus fahren. Wie ich später erfuhr auch nur, weil sie die Obernonne angerufen haben, die sich zu dieser Zeit in Lusaka befand. Felix lag das ganze Wochenende mit einer Darminfektion im Krankenhaus. Diese Frauen können vielleicht putzen und kochen, aber von Babys haben sie echt keinen Plan.

Diese Woche hätte ich mich wieder mit ihnen „anlegen“ können, weil sie jetzt der Meinung sind, dass Felix wieder nur den ganzen Tag in seinem Gitter verbringen soll, da die Darminfektion von dem vielen Dreck käme, den er sich in den Mund steckten würde, wenn ich mit ihm draußen bin. Ich hätte sie am liebsten mal angeschrien. Ich war so wütend. Mag ja sein, dass es vom Dreck kommt, aber nicht, wenn ich mit ihm draußen bin, denn ich habe ein Auge auf die Kinder. Anders als die. Ich habe mich dem widersetzt und ihn trotzdem mit raus genommen und jetzt ist Felix wieder „der Glückliche“.
Diesen kleinen Menschen werde ich wohl ziemlich vermissen, wenn ich da bald weg bin. Eine Schwester sagt immer wieder, dass ich ihn in meinem Handgepäck einfach mit nach Deutschland nehmen soll. Würd’ ich glatt machen, wenn ich ein paar Jahre älter wäre und nicht noch einiges anderes vor hätte, als Mutter zu sein 

Diese Arbeitswoche gestaltete sich für mich allerdings sehr angenehm. Montagmorgen erfuhr ich, dass wir im Waisenhaus einen eigenen Schneider haben, der den Schwestern ihre Trachten und den Kindern ihre Schuluniformen näht. Und seid Montag näht er mir maßgeschneiderte Röcke und Kleider  So hat er mir tatsächlich die ganze Woche über zwei Röcke, einen wunderschönen neunen Boubou und eine passendes, typisch sambisches Oberteil zu einem der Röcke genäht. Ausreichend Chitengestoffe hatte ich ja und die Bezahlung war, wie so vieles hier, echt wenig. Für alle 4 Kleidungsstücke habe ich ihm 20.000 Kwacha gegeben. Das sind nicht mal 4 Euro. Und er war so glücklich über das Geld. Er erzählte mir, dass er sich davon jetzt endlich sein neues Handy kaufen könnte. Wenn es nach den Schwestern gegangen wäre (bei denen ich mir im Voraus einen Rat über die Bezahlung eingeholt hatte), so hätte ich dem Mann nur 15.000 Kwacha geben sollen. Ganz klar hätte der Schneider für diese viele und schöne Arbeit mehr verdient, doch hätte ich ihm mehr gegeben, dann hätte ich mal wieder das Klischee erfüllt, dass alle Muzungus viel Geld haben. Für sambische Verhältnisse hat er ein gutes Geschäft mit mir gemacht. Außerdem hab ich ihm noch mehr arbeit versprochen, wenn Linda nächste Woche kommt.
So bin ich die Woche über immer wieder zu ihm gegangen, um die Kleider anzuprobieren. Es musste ständig etwas geändert werden. Er hat zwar vorher alles abgemessen, aber ich weiß nicht, was er da gemessen hat. Als es um die länge meiner Röcke ging hat es mich echt Kraft gekostet, ihn klar zu machen, dass ich einen knielangen, und nicht einen knöchellangen Rock haben möchte. Er schüttelte nur den Kopf, als ich ihm erklärte, dass es in Deutschland kein Problem ist, wenn Frauen kurze Röcke auf der Straße tragen.

Die Arbeiterinnen im St. Martins verdienen übrigens 300.000 Kwacha und einen Sack Maismehl. Das ist ein Monatsgehalt von 50 Euro. Wahnsinn, dafür, dass sie von 6Uhr bis 17Uhr arbeiten. Einige müssen sogar noch einen Fußweg von 2 Stunden auf sich nehmen. Es kam schon öfter vor, dass mich die Frauen fragten, ob ich ihnen Geld für den Transport geben könnte. Das sind gerade mal 2000 Kwascha (40cent?), aber nicht mal das habe sie. Wie aus dem eben genannten Grund habe ich das allerdings abgelehnt. Außerdem würden sie wahrscheinlich immer wieder kommen, wenn ich einmal damit anfange.

2 Kommentare:

  1. also wenn du felix nicht willst, ich nehme ihn... afrikanische kinder sind soooo süß!!! freue mich jedesmal über einen neuen erfahrungsbericht!!! :)
    grüße aus deutschland, johannes

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